Die Fakten gibt es hier.
Ein Freund hat die Stellenbeschreibung gefunden und mich darauf aufmerksam gemacht. Anfangs fand ich es zwar faszinierend, hielt es aber eher für eine Schnapsidee. Aber der Gedanke an diesen Arbeitsplatz hat mich nicht mehr losgelassen. Je mehr ich zur Neumayer-Station recherchiert habe, desto weniger verrückt kam mir die Idee vor... Nach ein paar Telefonaten und noch mehr Recherchen habe ich mich dann schließlich offiziell beworben. Tja, da bin ich nun.
Nein, Angst hatte ich nicht, das wäre das falsche Wort. Ganz selten mal kam so ein bisschen mulmiges Gefühl auf "auf was ich mich da bloß eingelassen habe, so lange weg...", aber die meiste Zeit sind die Gedanken um andere Dinge gekreist ;-) Und es wird hier sehr gut für uns gesorgt :-)
Meine ÜWI-Familie ist sehr nett! Das ist aber auch kein Zufall, bei der Auswahl der Überwinterer wurde bewusst sehr viel Wert darauf gelegt, dass das Team gut zusammen passt.
An der Station wird es im Sommer bis zu 0°C warm, im Winter kann es auch mal -40 bis -50°C haben.
Übrigens liegt die Neumayer-Station nicht am Südpol, sondern an der Küste der Antarktis. Der Südpol ist noch über 2000km weit weg! Das ist ziemlich genau so weit, wie das Nordkap noch vom Nordpol weg ist.
Nein, man kann sich gar nicht erkälten. Weil die paar Keime, die die Kollegen mitbringen, hat man recht schnell alle durch. Und dann kommen den ganzen Winter keine neuen Keime mehr dazu, bis im Sommer die Sommergäste wieder kommen.
Ja! Spätestens alle paar Wochen muss die Windkraftanlage des Pinguinobservatoriums geschmiert werden, das gehört zu meinen festen Aufgaben. Aber es gibt auch immer wieder einzelne Aufgaben draußen zu erledigen, so dass man eher mehrmals die Woche draußen ist. Am meisten unterwegs ist unsere Luftchemikerin, die muss jeden Tag 1,5km zu Fuß zu der SpuSo (dem Spurenstoffobservatorium) gehen. Und bei den Meereismessungen ist man auch im tiefsten Winter etwa 6 bis 8 Stunden am Stück draußen. Da sind warme Handschuhe empfehlenswert!
Dafür werden Flaschen mitgenommen. Damit Frau sich in der Kälte nicht komplett ausziehen muss, gibt es Helferlein, eine Art Trichter mit Ausgang nach vorne. So kalt, dass man Eiswürfel pinkelt wird es nicht mal in der Antarktis ;-)
Die Neumayer-Station ist eine der wenigen antarktischen Stationen, die auf sogenanntem Schelfeis stehen. Schelfeis entsteht dort, wo die Gletscher ins Meer fließen und sich aufgrund ihres Auftriebs vom Felsuntergrund lösen und aufschwimmen. Das Schelfeis an der Neumayer-Station ist etwa 200m dick, darunter ist Meer.
Ja, aber nicht besonders viel. 1MBit/s über Satellit. Das heißt "mal eben ein Video anschauen" ist nicht so einfach drin. Vor allem, weil ich ja nicht 1MBit/s alleine zur freien Verfügung habe, sondern das je nach Jahreszeit zwischen 10 bis 50 Personen geteilt wird und die wissenschaftlichen Daten auch noch übertragen werden müssen.
Die Antarktis liegt auf der Südhalbkugel. Wenn in Europa Sommer ist, ist in der Antarktis tiefster Winter und umgekehrt.
Pinguine! Sogar sehr viele ganz in der Nähe der Station. Eisbären gibt es nur in der Arktis, also im Norden.
Die Reederei F. Laeisz (gesprochen Leiß) "bereedert" die Neumayer-Station und stellt dafür das nötige Personal ein. Der Ingenieur, der Elektriker, der Koch und ich sind also nicht direkt beim AWI (Alfred-Wegener-Institut, Betreiber der Station) angestellt, sondern eben bei der Reederei. Auf meiner Gehaltsüberweisung steht übrigens auch nicht "Lohn" oder "Gehalt", sondern "Heuer" ;-) Hätt ich mir vorher auch nicht vorstellen können, dass ich mal bei einer Reederei anheure...
Nein. Die Neumayer-Station ist nur im kurzen antarktischen Sommer erreichbar. Die meiste Zeit im Jahr ist zu viel Meereis um die Antarktis, so dass keine Schiffe durchkommen und selbst für Polarflugzeuge ist es im Winter zu kalt.
Die Polarnacht dauert etwa 60 Tage. Aber selbst wenn die Sonne nicht über den Horizont kommt, gibt es noch Dämmerung. Nicht mal in der Mitte der Polarnacht (Mittwinter) ist es 24 Stunden ganz dunkel.
Also erst mal hab ich eine ganze Menge Arbeit, die schon einmal den Großteil der Langeweile fern hält. Auch für Freizeitbeschäftigung ist gesorgt: Es gibt eine große Spiele- und Puzzelsammlung, wir können Filmeabende am großen Fernseher machen, es gibt einen Sportraum und dann kann man auch mal zur Pinguinkolonie raus fahren und die flauschigen Küken beobachten. Und ich habe ja meinen Computer und sogar meine Elektronik-Werkstatt dabei, so dass ich mich in ein Bastelprojekt vertiefen kann, sollte ich wirklich zu viel Freizeit haben ;-)
Der Umgang mit Pferden und Reiten fehlt mir hier. Ich bin sonst nicht der sportlichste Typ, aber die Pferde haben mich immer motiviert, da konnte ich mich verausgaben und hatte Spaß dabei. Es ist nicht so, dass wir hier keine Sportmöglichkeiten hätten, aber über die Wiesen zu galoppieren finde ich einfach schöner, als auf dem Laufband auf der Stelle zu treten.
Wir sind hier völlig isoliert, deshalb spielt Corona bei uns keine Rolle. Nur die Anreise war anders als sonst: Wir waren vorher in Quarantäne, wurden mehrfach getestet und sind mit dem Schiff gefahren, anstatt wie sonst üblich zu fliegen. Seit der Fahrt hierher darf ich mich wieder wie ein Mensch aus dem Jahr 2019 benehmen! Ich glaube, ich habe mir den richtigen Zeitpunkt ausgesucht, um mal ein Jahr am Ende der Welt zu verbringen ;-)